Rai­ner Furch, Made­lei­ne Gie­se und Dr. Tho­mas M. Mayr. (Foto: Peter Her­zer)



Am 3. Mai im voll­be­setz­ten Bür­ger­haus von Jakobs­wei­ler – Jubi­lä­ums­ver­an­stal­tung zum 100-jäh­ri­gen Geburts­tag von Susan­ne Faschon (1925–1995). Die­se bil­de­te auch den Auf­takt der 10. Don­ners­ber­ger Lite­ra­tur­ta­ge. Wei­te­re High­lights im Pro­gramm sind der Dich­ter Jan Wag­ner und der Bach­mann-Preis­trä­ger Tijan Sila aus Kai­sers­lau­tern.


Das Duo Wort­laut mit dem durch das Pfalz­thea­ter bekann­ten Schau­spie­ler­ehe­paar Rai­ner Furch und Made­lei­ne Gie­se gestal­te­te den Abend im Zusam­men­spiel mit Tho­mas Mayr sehr unter­halt­sam, stre­cken­wei­se erns­ter und tie­fer­ge­hend. Die Lesung mit sze­nisch-dia­lo­gi­schen Ele­men­ten, gekonnt auf Sekun­den­bruch­tei­le getimt.

Mayr führ­te aus, dass der Schwer­punkt von Faschon in der Lyrik lag, nach­ran­gig vom Volu­men die Pro­sa. Sie woll­te das Leben rausch­haft erle­ben, for­der­te das Glück her­aus. Ihre Intel­lek­tua­li­tät ver­moch­te Gefüh­le und Ver­nunft tren­nen. Der sicher­lich star­ke Ein­fluss ihrer streng­gläu­bi­gen Mut­ter, die sie vor dem brau­nen Bund deut­scher Mädel bewahr­te, der Vater war Nazi und Finanz­be­am­ter, wirk­te sich nicht stil­prä­gend auf ihr Werk aus. Die klu­ge und fein­sin­ni­ge Dich­te­rin mit facet­ten­rei­chen Bli­cken auf das All­täg­li­che war durch­aus auf der Höhe der Zeit, so führ­te sie einen Brief­wech­sel mit Ernst Bloch und ord­ne­te die erle­se­ne Biblio­thek von Hans Purr­mann in Mon­tagno­la.


Beson­ders ergie­big ist Faschons bio­gra­fisch gefärb­tes Alters­werk „Prin­zes­sin Maul­tasch”. Die Kind­heit – ihre skur­ri­len Gedan­ken vor der Kom­mu­ni­on und bzgl. des Spen­den­büch­sen­wahn­sinn – Nazi­zeit und ihr schwie­ri­ger beruf­li­cher Wer­de­gang nach dem Krieg wur­den tref­fend wie­der­ge­ge­ben. In ihrer ers­ten Ehe wur­de Vio­la gebo­ren, was der Eins­er­schü­le­rin und Schef­fel­preis­trä­ge­rin ein mög­li­ches Stu­di­um undenk­bar mach­te. In der zwei­ten Ehe war sie mit dem Wider­stands­kämp­fer, Gra­phi­ker und Lei­ter der Pfalz­ga­le­rie Carl Maria Kie­sel ver­hei­ra­tet, nach des­sen rela­tiv frü­hen Tod fand sie spä­tes Glück mit Prof. Johan­nes Stirn. Susan­ne Faschon arbei­te­te in die­ser Zeit beim Süd­west­funk in Mainz und pen­del­te zu ihrem „idyl­li­schen” Häus­chen in Jakobs­wei­ler am Fuße des Don­ners­berg, in das die Ehe­leu­te viel Ener­gie zur Reno­vie­rung ein­brach­ten und um „…im ehe­ma­li­gen Schwe­install am Haus ein biß­chen Muße her­an­zu­füt­tern und zu mäs­ten für unse­re alten Tage“. Das Schick­sal schlug dann unge­hemmt zu, bei­de erkrank­ten nach­ein­an­der an Krebs, zuerst starb ihr gelieb­ter Hans. Das gemein­sa­me Grab befin­det sich auf dem hie­si­gen Fried­hof.


1953 erschien das schma­le Lyrik­bänd­chen „Das Blu­men­jahr”, 1959 als Jah­res­ga­be des Lit. Ver­ein „Kein Spiel für Träu­mer”. In Schach­va­ria­tio­nen beleuch­tet Faschon ein­drucks­voll eine Bezie­hungs­pro­ble­ma­tik: / Das ist kein Spiel für Träu­mer. / Kei­ne zärt­li­che Beu­gung, / alles qua­dra­tisch und ohne Wider­ruf. //


Beson­ders wich­tig für das Ver­ständ­nis ist das Buch „Mei Gedicht is mei Woh­ret”, wor­in die Autorin sehr geschickt hoch­deut­sche Gedich­te mit pfäl­zi­schen ver­gleicht.

Ins­ge­samt kam bei der Lesung die Mund­art zu kurz, was doch ihre beson­de­re Stär­ke aus­mach­te. Faschon gewann 1956 den ers­ten Preis im Mund­art­dich­ter­wett­streit in Bocken­heim. Nur ein Mund­art­ge­dicht zum Schluss. Rai­ner Furch hat­te uner­war­tet Schwie­rig­kei­ten beim Vor­trag von ‚S LETSCHT, wit­zel­te über das (ver­meint­li­che) Saar­län­di­sche drin, was Hei­ter­keit im Publi­kum aus­lös­te.
Furch gegen­über saß die renom­mier­te Mund­art­dich­te­rin Rena­te Demuth, ihr Mann ist Cou­sin von Susan­ne Faschon, deren Toch­ter Vio­la, wel­che nahe Darm­stadt wohnt, sag­te ab.
Sinn­fäl­lig ver­dich­tend die Ver­se des Gedichts: / Bei uns zwää / hat sich g’funn / daß mer sich gar net / gen­unk geern / han kann, so lan lang mer sich / hat //.
Rai­ner Dick schrieb 1995 im Nach­ruf der Rhein­pfalz: „Gedich­te sei­en für sie auch ein Teil Lebens­be­wäl­ti­gung. Aber zugleich ver­strömt ihre unge­mein fili­gra­ne, meis­ter­li­che Lyrik zer­brech­li­che Emp­find­sam­keit und warm­her­zi­ges Sen­ti­ment.” Und in den letz­ten Jah­ren inter­mit­tie­rend Melan­cho­lie.


Ins­ge­samt eine wür­di­ge Ehrung der Pfalz­preis­trä­ge­rin, die nicht ver­ges­sen wer­den soll. Die Sek­ti­on Kai­sers­lau­tern des Lit. Ver­eins der Pfalz reg­te Lesun­gen in den Schu­len an.

Der Don­ner­ber­ger Lite­ra­tur­ver­ein rich­tet alle zwei Jah­re den Susan­ne-Faschon-Preis für Schü­ler aus. Am 9. Mai wur­den in Rocken­hau­sen Char­lot­te Alt­herr, Lene Zim­mer, Han­na Wag­ner und Jaron Wen­del (1. Preis) aus­ge­zeich­net.