
kurz vor dem Corona-Lockdown. (Foto: Peter Herzer)
Letztes Jahr begegnete ich Gerd und Ursula Forster im Zug. Sie hatten eine Ausstellung im Karlsruher Schloss besucht. Insbesondere Gerd Forster war sehr bewegt und erzählfreudig, schien mir trotz oder gerade wegen des fortgeschrittenen Alters von innen her zu leuchten.
Getragen wird meine kleine Anekdote auch von Rückblenden, denn, so fragte ich mich spontan: Wie fing seine Lebensgeschichte an?
Der 1935 in Ludwigshafen geborene Autor schuf ein bedeutsames Zeugnis in seinem Erzählband „Wir waren Kinder und es war Krieg“. So war er unmittelbar von Bombardierungen in seiner Geburtsstadt betroffen. Seine Familie musste in die für Kinder eher idyllische Vorderpfalz mit guter leiblicher Versorgung umziehen. Forster empfand die Kriegszeit mehr abenteuerlich denn schrecklich. Er absolvierte das Gymnasium in Alzey und studierte anschließend Musik, Philosophie und Germanistik in Heidelberg.
Gerd Forster veröffentlichte erste Gedichte Ende der Fünfziger. Ab 1960 pflegte er Kontakte zu der Friedensaktivistin Annette Kolb, welche zuletzt, wie er im Briefverkehr dokumentiert, eine überdimensionierte Schrift pflegte. Beide setzten sich für die deutsch-französische Freundschaft ein.
Die Forsters wohnen in der unteren Pfeifermühle nahe Weilerbach. Und zuweilen in Berlin, was die Spannbreite zwischen Heimat und der Ferne verdeutlicht. Er kann sowohl in Lokalkolorit dichten wie auch Texte in Französisch verfassen, wirkt dennoch vielfach kohärent.
Forster war Gründungsmitglied der Autorengruppe Kaiserslautern und Leiter der Autorenseminars Lambrecht. Dort wurden in Folge der gravierenden gesellschaftspolitischen Umwälzungen in den 60er/70er junge Talente gefördert. Man war sehr gegen Alt-Nazis wie Leopold Reitz eingestellt. Forster gehörte der Redaktion der Pfälzer Kulturzeitschrift Chaussee an. Auch im deutlich aufgepeppten Nachfolgemagazin PalatinArt. ist er aktuell mit Beiträgen vertreten. Mit Theo Schneider gab er 1976 bis 1982 die Literaturzeitschrift Formation heraus.
Ein bedeutendes Werk stellen die Kurzgeschichten in „Die Abwesenheit der beiden andern“ dar. Sehnsucht, Erotik, Spannung, ungewöhnliche Landschaften und Menschen, diese Mischung trug er gern in Lesungen Schülern vor. Vor dem titelgebenden Zitat steht „Pans Stunde”, das trifft exakt den Punkt. Dabei lässt er sich nicht in einem Genre festlegen, denn er schrieb auch Krimis, Satiren und Mundartstücke.
Bis 1998 wirkte er als Lehrer am Heinrich-Heine-Gymnasium in Kaiserslautern. In Weilerbach und anderswo spielte er in der Kirche Orgel. Musik und Literatur sind ihm gleichwertige Passionen.
Gerd Forster ist Mitglied des Verbands Deutscher Schriftsteller und des Literarischen Vereins der Pfalz. 1977 erhielt er den Pfalzpreis für Literatur. 1999 wurde er Erster „Writer in Residence“ am Zentrum für deutsche Studien der Ben-Gurion-Universität in Beerscheba, Israel.
Das in mehrfacher Hinsicht kennzeichnende Alterswerk „Besuch beim alten Casanova“ erschien 2019 im Rhein-Mosel-Verlag. Nur wenigen ist bekannt, dass Casanova seine letzten Jahre als Bibliothekar auf Schloss Dux verbrachte.
Seine Frau, pensionierte Lehrerin, brachte 2022 das Buch „Die Vergangenheit wird mir noch blühen – Feldpostbriefe“ heraus und gab Lesungen im Kontext mit dem Ukraine-Krieg.
Der Jubilar konnte am 8. März mit seiner Frau im Beisein der beiden Söhne und Enkelinnen feiern. Der Lit. Verein gratuliert ganz herzlich!