1965 wurde sie in Pirmasens geboren und wuchs dort auf. Nach der Schauspielausbildung in München kehrte sie in die Pfalz zurück und arbeitet als freie Journalistin unter anderem für die Rheinpfalz. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Tochter in Berlin. Ihre Erzählungen und Romane spielen häufig in der Pfalz. Ihre Texte sind in einigen Anthologien veröffentlicht, beispielsweise in der WORTSCHAU.
Veröffentlichungen
2010 Lyrik- und Kurzgeschichtenband „Venus hinter dem Horizont“ (Periplaneta-Verlag, vergriffen)
2024 Roman „Nebel über dem Pfälzerwald“. Der Kriminalroman spielt vor der Kulisse des Pfälzerwaldes und der Nordvogesen. Er lebt von seinen Figuren und der Spannung zwischen ihnen sowie der regionalen Kultur.
Auszeichnung
2021 Shortlist Lore-Perls-Literaturpreis, Pforzheim mit der Geschichte „Luzie und die Tiger”.
Leseprobe (aus dem Roman „Nebel über dem Pfälzerwald“)
Rote Berberitzen und Wilder Spinat
Es ist ein stiller Märchenwald, dort in dem Tal, noch kaum Morgen zu nennen. Wenn der Tau die Grenzen verschwimmen lässt, zwischen dem geduckten dichten Tannenwald auf der einen Seite und dem Laubwald, der sich auf der anderen Seite steiler bergan zieht. Dort steht ein junger mächtiger Rothirsch mitten auf der Lichtung und sein Atem dampft in die Luft. Er hebt leicht den Kopf, sein Geweih ist noch nicht vollständig entwickelt. Ein Zielfernrohr ist auf ihn gerichtet. Spürt er das? Weiß er, dass er im Sekundenbruchteil einen übermächtigen Schmerz spüren wird, der ihn krachend unter all seinem Gewicht zusammen brechen lassen wird? Weiß er, dass das Zielfernrohr genau auf den Bereich unterhalb seines linken Schulterblatts gerichtet ist?
Noch einmal hebt der Hirsch seinen Kopf, die Nüstern weiten sich, er schnaubt in den Morgennebel und er lässt ein tiefes, kehliges Röhren los und läuft mit weiten Sprüngen in den dichten Nadelwald hinein. Keine Sekunde später zerreißt ein Schuss die Luft. Aber das Projektil verfehlt sein Ziel und es durchbricht den Stamm einer kleinen Weide weiter hinten in der Lichtung. Es ist Frühherbst, Brunftzeit und der Hirsch hat eine Hirschkuh gewittert; das hat ihm sein Leben gerettet. Oft ist das genau umgekehrt.
Silvie Thomé hat beides gehört – das Röhren und den Schuss. Wie die Geschichte ausgegangen ist, ob der Jäger den Hirsch erlegt hat, weiß sie nicht. Sie ist wie immer früh morgens im Wald, sie liebt die Stille und den Moment, in dem die Dinge langsam Gestalt annehmen. Sie setzt sich auf einen dicken Sandsteinblock am Wegesrand, um einen Moment auszuruhen und streichelt ihrem Hund den Kopf. Es ist ein großer rotbrauner Rhodesian Ridgeback mit dem Namen Maxim. Er begleitet ihren Mann Peter häufig auf der Jagd und er hat gelernt, sich im Wald absolut ruhig zu verhalten. Die beiden, Silvie und ihr Hund, verschwimmen mit Silvies roten Haaren, ihrer braunen Outdoorjacke und dem glänzenden Fell des Hundes völlig in den rotgoldenen Farben des Herbstlaubs am Boden. Vor einer Woche war der Wald hier noch fast vollständig grün gewesen.
Neben Silvie am Boden steht ihr Weidenkorb. Auf einer Wiese, nahe den Sandsteinfelsen, die in turmartigen Formationen in die Höhe ragen, hat sie Sauerampfer und Beifuß gepflückt. Sie weiß wo die Goldnessel wächst und wo sie die kleinen, rot leuchtenden Früchte der Berberitze ernten kann. Aus den Früchten der Berberitze lässt sich Tee kochen und eine stärkere Essenz des Suds wird verwendet, um leichtere Entzündungen zu heilen oder damit zu gurgeln. Die Goldnessel kann man als Gewürz zu Eintöpfen geben, sie schmeckt würzig und leicht nach Pilzen.
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