
Am 26. Nov. lasen fünf Autorinnen und Autoren vorwiegend aus dem neuen Literarischen Adventskalender mit dem Titel „Eine kleine Pause” im gut besuchten Gemeindesaal der Matthäuskirche Landau. Das war das 6. Mal in Folge.
Birgit Heid aus Landau moderierte und stellte eine Episode aus ihrem Romanmanuskript über das Leben von Monika Mann während ihres Exils in Sanary-sur-Mer vor. Dorthin flüchteten während des Nationalsozialimus viele Künstler und bildeten eine Art Kolonie. Monika findet trotz der drohenden Schatten ihr privates Glück mit dem kunstsinnigen Edouard bei Wanderungen und in der Weihnachtszeit.
Birgit Heid erzählte ebenso von ihrem Werdegang im Vorstand des Lit. Vereins. Sie war fasziniert von Sprache, schrieb Märchen, besaß einen nicht überquellenden Terminkalender. Da wurde sie vor rund 12 Jahren von Wolfgang Diehl während einer Lesung angesprochen und wollte nicht „Nein” zu einem Ehrenamt sagen. Sie leitet seitdem erfolgreich die Autorengruppe „Wortschatz”.
Peter Herzer aus Kaiserslautern war mit einem etwas schrägen „Quantengedicht” vertreten. Ein Philosoph in einer existenziellen Krise bekommt Besuch von seiner Exfreundin, einer Kernphysikerin im Nikolauskostüm, die im Hof eine Show liefert, um die Liebe wiederzubeleben, was offenbar gelingt: // eine Leiter wird angelehnt / sie klettert hoch / die Rose im Haar ist das Zeichen / mit jeder Sprosse wird es ihm wärmer //. Seine Kurzprosa „Die letzte schlesische Weihnacht” handelt von einer alten, stark pflegebedürftigen Frau, der nach Möglichkeit eine letzte Weihnacht in Würde ermöglicht wird.
Maria Theresia Gauß aus Waiblingen las zwei Gedichte (Sozialkritisch: „Was war das noch mal” und eher besinnlich, die Kinder schaffen die Magie: „Eine kleine Pause”) sowie eine Erzählung über eine Bahnfahrt mit einem ICE. Zeitweise beschäftigt die Reisende eine sehr ungewöhnliche Tweed-Kleidung beim Gegenüber, zuerst abwertend, doch dann folgte ein Umdenken. Sprachlich schön ausgedrückt.
Wolfgang Blender, Arzt und neues Mitglied aus Speyer, brachte ebenfalls eine Geschichte um eine Bahnfahrt mit. Eine Frau im Pflegeberuf hatte ihren Mann im Ukraine-Krieg verloren und wartet in Frankfurt/Oder sehnsüchtig auf dem Zug aus Warschau. Darin sitzt ihr Sohn aus Kiew, dem die Einberufung droht, den sie beschützen will. Blender trug weiterhin das Gedicht „Weihnachten neu” vor, welches sich gegen den Konsumrausch wendet und für Besinnlichkeit einsetzt, „dann kann wieder ein Stern aufgehen / eine Idee neu geboren werden / von Vergebung, Brüderlichkeit und Liebe.”
Lothar Seidler aus Heidelberg lieferte zum Abschluß ein humoreskes Kontrastprogramm mit dem Gedicht „Recycling (Umgeschmolzen)” sowie der Geschichte „Samstag vor Weihnachten” aus seinem Buch „Der Zufallskurier”. Er trug analog zum Cover die passende Kappe. Ein Lichtschalter ist kaputt, was den Protagonisten umtreibt, zudem versucht dieser mit einem Auto mit defekter Batterie zu einem Mensch mit einer speziellen Liste zu fahren … und zurück. Allerdings kommt es zu absurden Situationen wie Kommunikationstörungen – das liegt in Seidlers literarischer DNA. Der anachronistische Plot stammt aus dem Jahr 1991, da gab’s noch DM und Oh Schreck: Keine Smartphones! Seidler ist Vorsitzender der Literaturoffensive Heidelberg und Kleinverleger.
Für die musikalische Umrahmung sorgten Michael Heid (Mundharmonika, Ukulele) und Christoph Luczak (Kontrabass). Evergreens wie „What a wonderful world” und „Santa Claus is coming to town” waren zu hören. Nach jedem Stück gab es viel Applaus. Zwischendurch vernahm man Roll- und Schiebegeräusche von der Decke.
Der Abend endete nach dem gemeinsam gesungenen Lied „Fröhliche Weihnacht überall” am reich gedeckten Tisch mit Getränken und selbst gebackenen Bio-Köstlichkeiten, was zu Gesprächen in angenehmer Atmosphäre einlud.
