Maxi­mi­li­an Ingen­thron, Hel­mund Wie­se, Bir­git Heid, Lothar Seid­ler, Maria The­re­sia Gauß, Edith Brünn­ler, Ste­fan Bau­er und Ingrid Samel


Am Don­ners­tag, den 7. Nov.  fei­er­ten gleich zwei Autoren­grup­pen Jubi­lä­um im Gemein­de­saal der Land­au­er Mat­thä­us-Gemein­de. 10 Jah­re „Wort­schatz” unter Lei­tung von Bir­git Heid (1. Vors. des Lit. Ver­eins der Pfalz) sowie das 35 jäh­ri­ge der „Lit­off” (Lite­ra­tur Offen­si­ve) aus Hei­del­berg, wel­che der Ver­le­ger und Autor Lothar Seid­ler mit grün­de­te. Eigent­lich war die Fei­er im Som­mer geplant, doch wur­de es wegen Ter­min­schwie­rig­kei­ten auf den Herbst ver­scho­ben, zwei Tage vor dem denk­wür­di­gen 9. Novem­ber.

Für die musi­ka­li­sche Umrah­mung sorg­te das Jazz-Duo „Habas­co” mit Micha­el Heid (Mund­har­mo­ni­ka) und Chris­toph Luc­zak (Kon­tra­bass). Gespielt wur­de u.a. All Blues von Miles Davis aus sei­nem berühm­ten Album Kind of Blue,  wor­in eine Grenz­über­schrei­tung vom Blues zum Jazz statt­fin­det. Sehr schön zum Mit­sin­gen geeig­net auch „What a won­derful world” von Lou­is Arm­strong. Erwäh­nens­wert ein Boss­a­no­va von Black Orpheus, ein bra­si­lia­ni­scher Jazz-Song, der Gäs­te mit­wip­pen ließ.

Bir­git Heid ver­wies in ihrer Anmo­de­ra­ti­on auf die Bestän­dig­keit der bei­den Grup­pen, was in der heu­ti­gen Zeit nicht mehr selbst­ver­ständ­lich sei. Men­schen leben in einer üppi­gen und viel­fäl­ti­gen pro­fa­nen Kon­sum­welt, da ist es ein guter Zeit­punkt, ange­sichts der glo­ba­len Ent­wick­lun­gen (sie­he nur mal aktu­ell die US-Wahl, Rechts­ruck, Bruch der Ampel­ko­ali­ti­on) und dem trü­ben Spät­herbst­wet­ter inne­zu­hal­ten, um Lite­ra­tur, Musik und Kunst zu genie­ßen, sich geist­voll abzu­len­ken, ver­bun­den mit der Hoff­nung, dass so man­ches posi­tiv im Gedächt­nis ver­bleibt. 

Lothar Seid­ler aus Hei­del­berg las eine Kurz­pro­sa aus der Antho­lo­gie „Die Son­ne an Land”, wor­in in absur­der Wei­se das Ver­hält­nis zwi­schen ratio­na­len Mensch und instinkt­ge­steu­er­ten, aber genau beob­ach­ten­den Kat­ze geschil­dert wird. Ein Wech­sel­spiel. Letzt­lich schei­tert der Mensch an der Ver­mes­sung der Kat­ze mit einem Klapp­me­ter. Die Kat­ze beißt sym­pto­ma­tisch nach der Null.

Ingrid Samel aus Schries­heim bei Hei­del­berg erzähl­te zu Beginn, dass sie vor 60 Jah­ren einen Auf­tritt auf der Woll­mes­hei­mer Höhe als Maria mit Pup­pe in der Hand bei einer Auf­füh­rung hat­te. Im vor­ge­stell­ten Text beklagt eine Frau, dass der Ehe­mann ihr bestän­dig in den Rücken fällt. Über­haupt ringt sie aus Abnei­gung um eine skep­tisch neu­tra­le For­mu­lie­rung des Gegen­übers wie „ER”, betont zudem: Mein Mann ist es auch nicht. Die­ser zieht trotz ihres Wider­wil­lens eine lär­men­de Grill­par­ty mit der gan­zen Nach­bar­schaft im Gar­ten durch, was sie beim stil­len Arbei­ten am Schreib­tisch stört. Sie sehnt sich aber auch nach fri­scher Luft durch das Fens­ter anstatt Bra­ten­duft. Ihr Mann meint lapi­dar, sie sol­le nicht so emp­find­lich sein. Dann folgt ein irr­wit­zi­ger Dis­kurs um den Rei­bungs­fak­tor des Bob­by­cars der Toch­ter. Vie­les wird ihr nicht geglaubt. Am Ende des Tages ist sie dann froh, dass die Son­ne, wie vor­aus­ge­sagt, doch unter­geht.

Die Mund­art­dich­te­rin Edith Brünn­ler aus Lud­wigs­ha­fen, bekannt für lus­ti­ge, sati­ri­sche Tex­te mit gewis­sen Tief­gang schil­dert die Ent­wick­lung eines nor­ma­len Mit­men­schen über Benimm­kur­se und Fort­bil­dun­gen zu einer mon­dä­nen Geschäfts­frau – Klei­der ver­än­dern den Men­schen, oder? Damit lässt sie ihre alte Freun­din in ent­täu­schen­der Wei­se hin­ter sich. Es folgt in einem wei­te­ren Text­bei­spiel ein melan­cho­li­scher Rund­gang durch Lud­wigs­ha­fen-Hems­hof – nichts ist mehr so wie frü­her – da hilft nur eine Fla­sche Ries­ling!

Maria The­re­sia Gauß nahm in ihrer Kurz­pro­sa mit leicht iro­ni­schem Unter­ton eine Grup­pe von Lite­ra­ten unter die Lupe, wel­che eine Bus­rei­se zu einem Rosen­gar­ten unter­neh­men. Es wer­den dort Schrift­stel­ler aus aller Welt pla­ka­tiert. Da gibt es Kri­mi- und Lyrik-Bee­te, alle Gen­res sind ver­tre­ten. Eine Schreib­übung wird ange­regt. Aus vor­ge­ge­be­nen Wör­tern sol­len die Rei­sen­den eine Geschich­te for­men und doch sehr auf das pfäl­zi­sche Geni­tiv ach­ten! Asso­zia­tio­nen zum Rosen­gar­ten in Zwei­brü­cken wer­den geweckt. Dort wur­de 2024 ein roman­ti­scher Pfad der Poe­sie mit Pfalz­preis­trä­gern gestal­tet.

Der Lyri­ker Hel­mund Wie­se schreibt seit 1996 und stell­te sei­nen brand­neu­en Band „viel wir­bel um nichts” (mit Col­la­gen von Frig­ga Pfirr­mann) vor,  Gedich­te, die sehr kon­zen­triert wir­ken und ein Kalei­do­skop von Gedan­ken und Gefüh­len bie­ten – zuwei­len kom­plex ver­schach­telt – auch bezeich­net er sich eher als Künst­ler, der theo­lo­gisch und phi­lo­so­phisch zu wir­ken ver­mag. Anbei zur Ver­deut­li­chung eine vor­ge­tra­ge­ne Stro­phe aus dem Gedicht „bach blü­ten­the­ra­pie”:

es will mir
das was­ser
zusam­men­lau­fen
auf die müh­len
im mund

Hel­mut Wie­se hin­ter­frag­te am Ende sei­nes Vor­trags deut­lich: „Wer kauft schon Lyrik?”. Dar­über konn­ten sich die Gäs­te hin­sicht­lich des über­bor­den­den Mark­tes Gedan­ken machen. Am Bes­ten zugrei­fen!

Bir­git Heid bil­de­te den Abschluss mit einer phan­ta­sie­vol­len Geschich­te aus dem Land­au­er Zoo. Ein gro­ßes Kän­gu­ru ent­flieht in Rich­tung Dro­me­dar-Gehe­ge und bringt viel Unord­nung in die gere­gel­ten Abläu­fe. Dann wird auch noch bei den Rob­ben ein Meer­jun­ge mit lan­ger grü­ner Flos­se ent­deckt. Es gibt Anklän­ge bei Ari­el­le, der Meer­jung­frau. Im wei­te­ren Ver­lauf ent­puppt sich, dass der Meer­jun­ge kein Fabel­we­sen ist. Heid läßt die Zoo­leu­te im Text Halb­pa­la­ti­nisch spre­chen, was im Vor­trag wohl eher auf frän­ki­sche Mund­art hin­aus­lief. Das Kän­gu­ru wur­de trotz ziel­stre­bi­ger Suche nicht mehr gefun­den, ein Cliff­han­ger, der auf eine Fort­set­zung hof­fen lässt.

Die Gäs­te konn­ten sich Gedich­te von der Akti­on „Poe­sie zum Pflü­cken” mit­neh­men, auch waren Kunst­post­kar­ten loka­ler Künst­ler ver­füg­bar. Am attrak­ti­ven Buf­fet wur­de in der Pau­se und im Aus­klang ein reger Gedan­ken­aus­tausch prak­ti­ziert.


Quel­le: https://www.wochenblatt-reporter.de/landau/c‑ausgehen-geniessen/in-feierlaune_a603151


You­tube-Video des Jazz-Duo „Habas­co”