Gerd Fors­ter bei einer Lesung in Wei­ler­bach, März 2020,
kurz vor dem Coro­na-Lock­down. (Foto: Peter Her­zer)


Letz­tes Jahr begeg­ne­te ich Gerd und Ursu­la Fors­ter im Zug. Sie hat­ten eine Aus­stel­lung im Karls­ru­her Schloss besucht. Ins­be­son­de­re Gerd Fors­ter war sehr bewegt und erzähl­freu­dig, schien mir trotz oder gera­de wegen des fort­ge­schrit­te­nen Alters von innen her zu leuch­ten.

Getra­gen wird mei­ne klei­ne Anek­do­te auch von Rück­blen­den, denn, so frag­te ich mich spon­tan: Wie fing sei­ne Lebens­ge­schich­te an?
Der 1935 in Lud­wigs­ha­fen gebo­re­ne Autor schuf ein bedeut­sa­mes Zeug­nis in sei­nem Erzähl­band „Wir waren Kin­der und es war Krieg“. So war er unmit­tel­bar von Bom­bar­die­run­gen in sei­ner Geburts­stadt betrof­fen. Sei­ne Fami­lie muss­te in die für Kin­der eher idyl­li­sche Vor­der­pfalz mit guter leib­li­cher Ver­sor­gung umzie­hen. Fors­ter emp­fand die Kriegs­zeit mehr aben­teu­er­lich denn schreck­lich. Er absol­vier­te das Gym­na­si­um in Alzey und stu­dier­te anschlie­ßend Musik, Phi­lo­so­phie und Ger­ma­nis­tik in Hei­del­berg.


Gerd Fors­ter ver­öf­fent­lich­te ers­te Gedich­te Ende der Fünf­zi­ger. Ab 1960 pfleg­te er Kon­tak­te zu der Frie­dens­ak­ti­vis­tin Annet­te Kolb, wel­che zuletzt, wie er im Brief­ver­kehr doku­men­tiert, eine über­di­men­sio­nier­te Schrift pfleg­te. Bei­de setz­ten sich für die deutsch-fran­zö­si­sche Freund­schaft ein.


Die Fors­ters woh­nen in der unte­ren Pfei­fer­müh­le nahe Wei­ler­bach. Und zuwei­len in Ber­lin, was die Spann­brei­te zwi­schen Hei­mat und der Fer­ne ver­deut­licht. Er kann sowohl in Lokal­ko­lo­rit dich­ten wie auch Tex­te in Fran­zö­sisch ver­fas­sen, wirkt den­noch viel­fach kohä­rent.

Fors­ter war Grün­dungs­mit­glied der Autoren­grup­pe Kai­sers­lau­tern und Lei­ter der Autor­en­se­mi­nars Lam­brecht. Dort wur­den in Fol­ge der gra­vie­ren­den gesell­schafts­po­li­ti­schen Umwäl­zun­gen in den 60er/70er jun­ge Talen­te geför­dert. Man war sehr gegen Alt-Nazis wie Leo­pold Reitz ein­ge­stellt. Fors­ter gehör­te der Redak­ti­on der Pfäl­zer Kul­tur­zeit­schrift Chaus­see an. Auch im deut­lich auf­ge­pepp­ten Nach­fol­ge­ma­ga­zin Pala­tin­Art. ist er aktu­ell mit Bei­trä­gen ver­tre­ten. Mit Theo Schnei­der gab er 1976 bis 1982 die Lite­ra­tur­zeit­schrift For­ma­ti­on her­aus.


Ein bedeu­ten­des Werk stel­len die Kurz­ge­schich­ten in „Die Abwe­sen­heit der bei­den andern“ dar. Sehn­sucht, Ero­tik, Span­nung, unge­wöhn­li­che Land­schaf­ten und Men­schen, die­se Mischung trug er gern in Lesun­gen Schü­lern vor. Vor dem titel­ge­ben­den Zitat steht „Pans Stun­de”, das trifft exakt den Punkt. Dabei lässt er sich nicht in einem Gen­re fest­le­gen, denn er schrieb auch Kri­mis, Sati­ren und Mund­art­stü­cke.

Bis 1998 wirk­te er als Leh­rer am Hein­rich-Hei­ne-Gym­na­si­um in Kai­sers­lau­tern. In Wei­ler­bach und anders­wo spiel­te er in der Kir­che Orgel. Musik und Lite­ra­tur sind ihm gleich­wer­ti­ge Pas­sio­nen.


Gerd Fors­ter ist Mit­glied des Ver­bands Deut­scher Schrift­stel­ler und des Lite­ra­ri­schen Ver­eins der Pfalz. 1977 erhielt er den Pfalz­preis für Lite­ra­tur. 1999 wur­de er Ers­ter „Wri­ter in Resi­dence“ am Zen­trum für deut­sche Stu­di­en der Ben-Guri­on-Uni­ver­si­tät in Beersch­eba, Isra­el.


Das in mehr­fa­cher Hin­sicht kenn­zeich­nen­de Alters­werk „Besuch beim alten Casa­no­va“ erschien 2019 im Rhein-Mosel-Ver­lag. Nur weni­gen ist bekannt, dass Casa­no­va sei­ne letz­ten Jah­re als Biblio­the­kar auf Schloss Dux ver­brach­te.

Sei­ne Frau, pen­sio­nier­te Leh­re­rin, brach­te 2022 das Buch „Die Ver­gan­gen­heit wird mir noch blü­hen – Feld­post­brie­fe“ her­aus und gab Lesun­gen im Kon­text mit dem Ukrai­ne-Krieg.


Der Jubi­lar konn­te am 8. März mit sei­ner Frau im Bei­sein der bei­den Söh­ne und Enke­lin­nen fei­ern. Der Lit. Ver­ein gra­tu­liert ganz herz­lich!