Roman Schafnitzel, 1971 in Tettnang am Bodensee geboren, studierte Germanistik und Sozialkunde in Saarbrücken, wo er auch sein Referendariat absolvierte. Seit 2001 unterrichtet er als Lehrer an einer Integrierten Gesamtschule in der Pfalz und lebte über 17 Jahre in Frankreich. 2011 erschien im Rhein-Mosel-Verlag sein erster Roman „Am siebten Tag erschuf Gott die Vergänglichkeit“, der vom VS-Rheinland-Pfalz-Saar mit dem Literaturpreis „Debüt des Jahres 2013“ ausgezeichnet wurde und das Schicksal eines „Malgré-Nous“ erzählt.
Veröffentlichungen
- „Die vergessene Collage des Ersten Weltkrieges. Edlef Köppen: Heeresbericht (1930)“, in: Schneider, Thomas / Wagner, Hans (Hrsg.): „Von Richthofen bis Remarque: Deutschsprachige Prosa zum I. Weltkrieg“, Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik, Band 53, Rodopi, Amsterdam – New York 2003
- „Am siebten Tag erschuf Gott die Vergänglichkeit“, Rhein-Mosel-Verlag, 2011
- „Fliehende Träume“, Salonlöwe-Verlag, 2014
- „Marias Tränen“, SPICA-Verlag, Mai 2024
Auszeichnung
Literaturpreis „Debüt des Jahres 2013” vom VS-Rheinland-Pfalz-Saar gemeinsam mit dem Literaturwerk Rheinland-Pfalz. Auszug aus der Presseveröffentlichung der Pirmasenser Zeitung:
Der Roman „Am siebten Tag erschuf Gott die Vergänglichkeit“ setzt sich mit der Zerrissenheit der deutsch-französischen Grenzregion in den beiden Weltkriegen auseinander. Dem Autor sei es gelungen, so die Jury, mit klarer Sprache und geschichtlichem Einfühlungsvermögen über drei Generationen hinweg an zwei lothringischen Familien aufzuzeigen, wie vermeintliche Gewissheiten in geografischer, politischer und moralischer Hinsicht immer wieder ins Wanken geraten … Die Handlung des Romans sei geprägt vom Wechselspiel zwischen Macht und Ohnmacht, Täter- und Opferrolle, Ideal und Wirklichkeit.
Beeindruckt haben die Jury auch die tragenden starken Frauencharaktere, deren ständiges Ringen um Selbstbehauptung verdeutliche, dass private und gesellschaftliche Mündigkeit nicht voneinander zu trennen seien.
Leseprobe
Auszug aus dem Roman „Marias Tränen“ , Spica-Verlag Mai 2024.
Prolog:
Der Frühling rührt sich. Zart sprießen die ersten Sprossen. Vögel zwitschern verliebt. Ahnen nichts von dem Krieg in der Ukraine. Sie sind zu unschuldig dafür, können es nicht. Das Volk ebenfalls. Wird gemordet, weil einer es will.
Da können die Vögel noch so laut jubilieren, ja, der Frühling kommt. Auch dort wird es ihr Gepiepse geben. Falls es nicht untergeht im Donner von Artilleriefeuer, ratternden Panzerketten. Auch sie, die Unschuldigsten, werden an jenen Orten im Osten Europas sterben. Wie die Kinder. Putin müsste zur Strafe jedem Kind, jeder Mutter, jedem Bruder, jeder Schwester eines getöteten Menschen ins Gesicht schauen. Würde er dann begreifen, welches Leid er über die Menschen brachte? Wohl weniger. Liegt bestimmt an der Verführungskraft der Macht. Sie erst ermöglicht es, dass wir Menschen uns gegenseitig nach dem Leben trachten. Aber die Vögel werden einst wieder an diese gequälten Orte zurückkehren. Mag es Jahre dauern. Eines ist gewiss: Auch Diktaturen sind endlich.
Kapitel I
1
Es donnert. Jeden Tag. Jede Stunde. Jede Minute. Du hast bestimmt schon ein Gewitter erlebt. Mitten in der Nacht. Man schaut ängstlich zum Fenster hinaus und plötzlich erleuchten die Blitze den Himmel grell und weiß. Vor Schreck zieht man die Decke über den Kopf und vergräbt sich in seinem Bett. Wie froh war ich dann, wenn meine Katze, „Alisa“ heißt sie, mich anstupste und zitternd unter meine Bettdecke kroch.
Aber dies war und ist anders. Denn, es hört nicht auf. Das Donnern, Dröhnen und Zischen. Es vergeht kein Tag und keine Nacht, immer wieder höre ich diesen ohrenbetäubenden Lärm. In Mariupol. Es ist meine Stadt. Hier bin ich geboren. Und zur Schule gegangen. Nicht immer gerne, aber wer tut das schon in meinem Alter. Jedoch kommt es mir heute vor, als sei dies schon eine halbe Ewigkeit her, dabei sind kaum drei Monate vergangen. In wenigen Wochen hat sich alles verändert, so sehr, dass mir mein früheres Leben wie ein Märchen vorkommt. Der Alptraum begann an einem Donnerstag, dabei schien am Mittwoch noch alles normal. Niemand hätte gedacht, dass es wirklich passieren könnte.
Es war der 24. Februar 2022. Von diesem Tag an wurde Mariupol (die Stadt Mariens) von der russischen Armee belagert. Wie viele Tage waren es? Auswendig weiß ich es nicht, man könnte es sicher in Sekundenschnelle googeln. Nur würde dies nichts ändern. An meinen Erinnerungen. An meinem Leben. Am Krieg. (…)
Kontakt
Roman Schafnitzel, Am Köpfel 4, 66976 Rodalben
Email: romanschafnitzel@aol.com
Telefon: 06331 / 277 647, Handy: 01522 5301333