Geboren 1961 in Borler/Eifel, aufgewachsen in Gerolstein/Eifel. Abitur 1980. Studium Neue deutsche Literaturgeschichte, Politikwissenschaft und Kunst in Gießen und Freiburg/Breisgau, wo sie heute lebt. Schreibt vorwiegend Romane, aber auch Kurzgeschichten und Essays.
Veröffentlichungen
- Der Boden dunkel, Roman, Iatros Verlag Nierstein und Verlag PI, Weißenseifen, 2006
- Kamillenblumen, Roman, Rhein-Mosel-Verlag Zell 2008
- Peter Zirbes, Roman, Rhein-Mosel-Verlag Zell 2010
- Unter dem großen Himmel, Pitt Kreuzberg – Geschichte eines Unbeirrbaren, Roman, Rhein-Mosel-Verlag Zell 2012
- Großes Ey, Die Lebensgeschichte der Johanna Ey, Roman, Rhein-Mosel-Verlag Zell 2014
- Die Welt zerschlagen! Die Geschichte der DADA-Künstlerin Angelika Hoerle, Roman, Rhein-Mosel Verlag Zell 2016
- Bitten der Vögel im Winter, Roman, Rhein-Mosel Verlag Zell 2018
- Amerika ist weit, Roman, Rhein-Mosel-Verlag Zell 2018 (Neuauflage des Romans „Der Boden dunkel, Iatros-Verlag Nierstein und Weißenseifen 2006)
- Vom letzten Tag ein Stück, Roman, Rhein-Mosel-Verlag Zell 2021
- Am Kornsand, Roman, Rhein-Mosel-Verlag Zell 2023
Textbeispiel
Es ist Mittwochabend, er liegt auf der Couch, als sie nach Hause kommt. Er fragt nicht, wie es der Mutter geht.
Sie sehen zusammen die Nachrichten, als sie sich plötzlich nach ihm umdreht: „Da ist was, was du vor uns verbirgst. Und das macht mir Angst.“ Er stützt sich auf, sein Gesicht ist blass, die Haare kleben am Kopf. Der Mund hängt etwas schief.
Sie antwortet nicht, sieht ihn nur an. Er hält dem Blick nicht stand, lässt den Kopf wieder sinken. Sie sieht, wie er daliegt, die gerade Nase, wie sich mit seinem Atem der Brustkorb hebt und senkt, sieht die auf der Brust gefalteten Hände, die übergeschlagenen langgestreckten Beine, die Stricksocken an seinen Füßen. Dass sie sich nicht erinnern kann, jemals auf seinem Schoß gesessen zu haben, denkt sie. Sie kann sich auch nicht erinnern, dass er ihr jemals ein Lied gesungen hatte. Das Lied vom dummen Augustin zum Beispiel, das sie immer und immer wieder hat hören wollen und einmal auswendig wusste. Sie bemerkt, wie er sich in letzter Zeit verändert hat, wie er zusehends altert. Nicht nur, dass die Haut faltig und grau geworden ist. Die von der Nase zum Mund verlaufenden Falten haben sich tiefer gegraben. Unter den Augen liegen bläuliche Schatten. Hautsäcke haben sich dort gebildet. Der Abdruck einer Kissenfalte im Wangenfleisch verliert sich lange nicht. Samstags, wenn er gebadet hat und mit nassen Haaren zum Essen kommt, sind die Zeichen des Alters deutlicher als sonst. Längst hat sich Grau ins Dunkle seiner Haare gemischt. Aus den Ohren wachsen Haare. Die Zähne, obwohl noch alle vorhanden, sind stumpf geworden und gelblich. Die rötlichen Stoppeln in seinem Gesicht vermitteln Nachlässigkeit.
Sie betrachtet seine rechte Hand, die lässig auf seinem Bauch liegt. Es ist eine Hand mit bläulich durchscheinenden starken Adern auf dem Handrücken und schrumpeliger Haut an den Knöcheln. Eine Hand mit Narben, Poren und Falten und mit einer Handfläche, die von hundert Linien durchzogen ist.
Sie will ihn fragen, was er mit dieser Hand gemacht hat, will alles wissen, aber da dreht er sich von ihr weg. Sie sieht seinen Rücken, die angezogenen Beine, die zerknitterte Hose, die Stricksocken.
Er will nicht mit ihr reden und sie kann nicht fragen, nicht jetzt, wahrscheinlich nie.
„Es ist nichts, was du wissen müsstest“, sagt er gegen die Wand. „Und wenn, dann ist es so lange her, dass es nicht mehr wahr ist. In die Zukunft muss man schauen, ja, in die Zukunft. Die Zukunft ist das einzige …“
Sie sieht ihn daliegen, so grau, so klein, so alt geworden. Irgendwie empfindet sie Mitleid. Sie denkt an die Mutter. Die Mutter will keinen Mann und sie keinen Vater, der ein Mörder ist. Auch der Vater will kein Mörder mehr sein. Hat er nicht alles hinter sich? Ist er nicht genug bestraft worden? Die Sache ist vorbei und vorbei. Sie will zu ihm stehen, er ist doch ihr Vater. Sie will sich und ihn vor dieser Schande bewahren. Sie will ihm etwas sagen, etwas, dass ihm gefallen könnte. Etwas, damit er auch ihr etwas Nettes sagen würde, wenn es auch nur ein Wort wäre. Er aber liegt da und schweigt.
„Ja“, sagt sie schließlich, „die Zukunft ist das einzige.“
Textauszug aus dem Roman „Am Kornsand“, erschienen im März 2023
Auszeichnungen
2008 Förderung des Romans Kamillenblumen durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur Rheinland-Pfalz
2010 Sonderpreis der Jury zum Buch des Jahres (Rheinland-Pfalz) für den Roman Peter Zirbes2014 mit dem Roman Peter Zirbes im Finale des Rheinischen Literaturpreises Siegburg
2018 Martha-Saalfeld-Förderpreis des Landes Rheinland-Pfalz für das Buchprojekt Bitten der Vögel im Winter2019 mit dem Roman Bitten der Vögel im Winter nominiert für den Hauptpreis des Pfalzpreises für Literatur
2023 Stipendiatin des Künstlerhauses Edenkoben/ Rheinland-Pfalz
2023 mit dem Roman Am Kornsand nominiert für den Hauptpreis des Pfalzpreises für Literatur