in die Pfalzakademie ein. Dieses Format existiert in Varianten schon seit
den 1980er Jahren. Im letzten Jahr gab es eine Terminverschiebung durch
umfangreiche Baumaßnahmen. Auch Corona drohte noch mit seinem langen
Schatten. Das Foyer präsentierte sich den Gästen nun im modernen, frischen
Glanz. Manche vermissten den Indian Summer, denn das Wetter war kalt,
trübnass. Das tat aber der guten, konzentrierten Stimmung mit vielen
Lockerungen im Seminarraum keinen Abbruch. Die Leitung hatte Birgit Heid
aus Landau. Sie ist die Erste Vorsitzende des Vereins.
Jeder der neun Autorinnen und Autoren verfügte über 30 Minuten zum Lesen
und ausführlichen konstruktiven Besprechungen des Textes durch alle
Teilnehmenden. Traudel Scheurlen war als Gast geladen und kommentierte
sachlich wie kompetent.
Die Veranstaltung begann um 9:00 Uhr mit einer Aufwärmphase, um 9:30 Uhr
fing der erste Autor an, zwischendurch gab es Kaffeepausen und ein
Mittagessen mit Niveau. Das Seminar endete um 16 Uhr mit einer
Zusammenfassung. Birgit Heid pinnte Punkte, die ihr aufgefallen waren, an
eine Wand. Sie verwies im Vorfeld auf Essays in Ausgaben der
Mitgliederzeitschrift Neue Literarische Pfalz, welche sie zur
vorbereitenden Lektüre in Bezug auf Textkritik empfahl. Unter den Beiträgen
gab es drei Gedichte und 7 Kurzgeschichten. Die Qualität war allgemein hoch.
Opernbar”. Ein betuchter 60jähriger Ingenieur ist auf der Suche nach der
perfekten Frau in einem Dating-Portal. Schließlich wird er fündig und
verabredet sich per Chat in einer Opernbar. Doch die potentielle Partnerin
gibt sich nicht zu erkennen. Dabei wird er Opfer ihres geschickten
Vorgehens, scheitert an seinem würdelosen Charakter und allzu hohen
Ansprüchen.
Gelobt wurde in der Textkritik die Schilderung der gepflegten Atmosphäre,
die sauber durchdachte Stilistik. Jemand wies auf die Diskrepanz zwischen
Lesen und Vortragen hin. Insgesamt spannend erzählt mit gelungener Pointe
am Ende. Bunjes selbst fand die Vorgabe auf max. ein, zwei Seiten
einengend. Man war jedoch frei, geeignete Textpassagen z. B. aus einem
umfangreichen Manuskript zu wählen.Ursula Dörler aus Stelzenberg/Kaiserslautern erzählte in ihrem Text „Ein
Kilo Äpfel” ein Adam&Eva-Motiv in moderner Form. Eine Stadt in den USA. Ein
Mann hält einen Apfel in der Hand und sucht per Schild seine Eva. Diese
taucht unvermittelt auf, sie ist aber aufgrund ihrer „gammeligen
Esoterik-Klamotten” und Lebensart nicht sein Typ. Beide philosophieren über
den inneren Wesenskern einer Paradiesfrucht. In Umkehrung überreicht Eva
Adam den inzwischen aufgeschnittenen Apfel, nimmt sein Messer – ein
Phallussymbol? – und verschwindet, aber es gibt eine Chance auf ein
Wiedersehen.
Die Kritik befand, dass mehr englische Wörter dem Text gut tun. Birgit Heid
repetierte emotionale Eindrücke, wie schön die Zufälle konstruiert wurden,
auch die Schilderung des *Sterns der Erkenntnis* wirkte auf sie plastisch.
Ein Kommentar zielte auf die Performance, die Dialoge beleben den
Spannungsbogen. Andererseits wurde angemerkt, dass die Verwendung von
Gypsy-Zitaten, ob bewusst oder unbewusst, mit Hinsicht auf die Sinti und
Roma vorsichtig gehandhabt werden muss.
Guido Lill brachte aus Schifferstadt zwei sich überwiegend reimende
Gedichte mit: „Beichte” und „Böse”. Das erste beleuchtet einen Priester,
stellvertretend für die (kath.) Kirche, der alles absegnet:
Kindesmissbrauch, Drogen, Mobbing usw. – spürbar eine Anklage mit Wut im
Bauch. Im zweiten Gedicht schildert Lill, wie das Böse in die Welt kommt
und sich etabliert, hierbei werden bekannte moralische Sprüche verwendet.
Es schließt mit „Und die Moral / Von der Geschicht // Die gibt es /
Überhaupt nicht /.
Am Ende führte Heid Punkte auf, die verbesserungswürdig erschienen, wie die
Ausarbeitung von Figuren, das Reimschema und Rhythmus bei Gedichten,
außerdem wurde angesprochen, wie man gekonnter die Sprache an den Ort
angleicht oder zum Erzähltext annähert.
Birgit Heid legte in ihrer Kritik viel Wert auf die Stimmigkeit der Texte,
Rechtschreibfehler waren eher Nebensache. Zu fast jedem Beitrag teilte sie
ihre erste bleibende Assoziation mit.
Das Seminar stand jedem offen, Anfänger wie Profis, Lyrik oder Prosa,
Hochdeutsch und Mundart, fertige Texte oder erste literarische Gehversuche.
Das Resümee fiel im anschließenden Gespräch überwiegend positiv aus. Die
durch den Verein finanziell geförderte Veranstaltung wurde offenbar mit
viel Struktur geplant, was sich durch die professionelle Umsetzung bewies.