
Foto: Jörg Quiecker
Das über zehntägige Lesefestival „Landau liest ein Buch“ fand 2025 bereits zum zweiten Mal in Landau statt. Der für dieses Jahr ausgewählte Roman trägt den Titel „Alte Sorten“ und wurde 2019 von Ewald Arenz aus Nürnberg geschrieben. Die in einer ruhigen Sprache verfasste Erzählung dreht sich um zwei ungleiche Frauen, Sally, jung und wütend, die auf der Flucht vor allem und jedem ist, und Liss, Mitte vierzig, eine Einzelgängerin, die allein ihren Hof bewirtschaftet. Der Zufall und das Umfeld eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebes bringt die beiden zusammen. Das Thema des diesjährigen Schreibwettbewerbs hieß „Draußen“. Zu dieser inhaltlichen Vorgabe hatten die Jury zahlreiche Texte mit erstaunlich vielen unterschiedlichen Betrachtungsweisen erreicht, von der Entbindung bis zum Weltraum.
Von der Jury wurden nach der Vorauswertung der über zwanzig Einreichungen auf einer Besprechung drei Siegertexte ermittelt. Aufgrund der hohen Qualität der Texte entschied sich die Jury noch während des Auswahlverfahrens zu einer Erweiterung der Preise um zwei Förderpreise. Die Jurorinnen und Juroren waren Regina Brandl, Vorstandsmitglied des Vereins „Landau liest ein Buch“ und Leiterin von Schreibwerkstätten, Ursula Jäger-Dietrich, ebenfalls Vorstandsmitglied, Deutschlehrerin im Ruhestand und Lesekreis-Teilnehmerin, Christa Müller-Antl, die in der Lehrer/innenausbildung tätig war und die systemische Coachin ist, Michael Saenger, Autor von Reiseberichten und Romanen, Mitglied des Literarischen Vereins der Pfalz und Birgit Heid, Vorstandsmitglied des Literarischen Vereins der Pfalz, Leiterin der Autorengruppe „Wortschatz“.
Am Sonntag, 15. Juni fand in der städtischen Kunstgalerie Villa Streccius die Feier zur Preisverleihung statt. Die Pianistin Zhana Minasyan umrahmte die Veranstaltung mit einigen lebhaften Stücken. Ursula Jäger-Dietrich stellte den Roman, das Lesefestival, den Wettbewerb und die Preisverleihung vor.
Den dritten Preis erhielt Gabi Korn aus Kaiserslautern. Ihr Text „Draußen“ stellt eine noch nicht lange in Bayern lebende Ehefrau aus dem norddeutschen Raum in den Mittelpunkt. Ihr fällt die Eingewöhnung in die neue Umgebung schwer und um bei den Landfrauen punkten zu können, probiert sie mit mäßigem Erfolg verschiedene Kuchenrezepte aus. Auf einer Bergwanderung erhält sie unverhoffte Unterstützung. Ihr Text überzeugte die Jury, weil er mit scheinbar leichter Hand geschrieben und mit Ironie gewürzt die familiäre und räumliche Umgebung sowie ihre Befindlichkeit der Protagonistin beschreibt und zu einem ermutigendem Ergebnis führt.
Mit dem zweiten Preis wurde die Autorin Ulrike Grömling aus Speyer geehrt. Ihr Text trägt den Titel „Mal wieder draußen“. Er handelt von einem IT-Nerd, der sich zur Poststation begeben muss, um ein Paket abzuholen, obwohl er von morgens bis abends in seiner Wohnung verbringt. Unterwegs wird ihm das Handy gestohlen und er gerät in eine hilflose Lage, aus dem ihm ein Rentner hilft. Im Gespräch wird ihm bewusst, dass das wirkliche Leben draußen stattfindet. Die Erzählung erzeugt nach wenigen Sätzen bereits eine Spannung. Die Handlung wurde von der Jury als stringent, der Schreibstil als versiert und die Dialoge als prägnant bewertet.
Der erste Preis wurde Sarah Klein aus Landau verliehen. Ihre Erzählung heißt „Meine allerbeste Freundin auf der ganzen Welt“. Die Ich-Erzählerin schildert ihre große freundschaftliche Zuneigung zu einer Sportschwimmerin, wie sie selbst. Jedoch wird sie nicht nur von der Freundin, sondern von der gesamten Schwimmer-Clique gemieden, als sei sie ansteckend krank. Es wird vermutet, dass sie aus Eifersucht, ihrer Freundin gegenüber, einen Schwimmer, der sich in eben jene Freundin verliebt hat, nachts im Freibad getötet hat. Die Jury hat die Erzählung besonders beeindruckt, weil man sofort in die Erzählung eintaucht, weil sich Dialoge und Handlung abwechseln, weil man anfangs ähnlich verwirrt ist wie die Protagonistin, die noch immer an der Freundin hängt.
Alle drei Preisträgerinnen sind Mitglied im Literarischen Verein der Pfalz!
Die Veranstaltung setzte sich nach einer Pause fort mit der Verleihung der Förderpreise für junge Autorinnen und Autoren. „Verblasste Erinnerungen” der Studentin Annika Reinhardt aus Landau beinhaltet die Entlassung eines Häftlings nach einigen Jahren des Gefängnisaufenthaltes, der in der Realität erst ankommen muss. Einige Erinnerungsstücke, die er in einer Tasche trägt, wirft er, da sie für ihn keine Relevanz mehr haben, in den Fluss. Man erfährt, dass er den Mörder seiner Tochter erschlagen hat. Der Text hinterließ einen nachhaltigen Eindruck, weil er die Befindlichkeiten des Häftlings in der Stilistik nachempfindet und weil sich Erinnerungen, Gedanken und die Handlung abwechseln. Die Spannung wird an der Brücke zum Höhepunkt geführt.
Luisa Eiswirth aus Landau studiert ebenfalls und schrieb den Text „Vogelgezwitscher und Bienenstich”. Die Lehrerin wünscht eine Besprechung mit der Mutter einer ihrer Schülerinnen, doch das Mädchen gibt der Mutter den Brief nicht, weil es wegen deren psychischer Erkrankung sinnlos ist. Da es eine ungute Entwicklung vorausahnt, beschließt es, in der Morgendämmerung zu flüchten. Unter einem Apfelbaum trifft es auf einen Senior, der sie mit zu sich und seiner Frau nach Hause nimmt und abends wieder nach Hause bringt. Die Jury war beeindruckt von der Leichtigkeit, mit der ein dramatisches Szenarium beschrieben worden war. Er thematisiert die Selbstverständlichkeit von Mitmenschlichkeit, Hilfe, Trost und Hoffnung.
Hier können Sie die Siegertexte lesen: https://landauliesteinbuch.de/Schreibwettbewerbe/Erwachsene/
Bericht von Birgit Heid, Landau den 25.6.25