Lilo Beil bei der Antho­lo­gie­le­sung LVP „Im Schat­ten Mor­gen­tau” in der Pfalz­bi­blio­thek Kai­sers­lau­tern, 2022
| Foto: Peter Her­zer

Mit Hoffnung und Mut gegen das Vergessen

Die über­re­gio­nal bekann­te Kri­mi­au­to­rin Lilo Beil zieht es immer wie­der in die Pfalz, wo sie Kind­heit und Jugend ver­brach­te. Die Autorin will die Leser nicht beleh­ren, son­dern im Inners­ten berüh­ren. Ihre facet­ten­rei­chen Wer­ke spie­geln Dör­fer, Land­schaf­ten und die damit tief ver­bun­de­nen Men­schen in ihrer Zeit. Lilo Beil hat ein Fai­ble für idyl­li­sche Sze­nen, schreibt aber auch unge­schminkt wider das Ver­ges­sen der Nazi­gräu­el. What’s done can­not be undo­ne – um den von ihr gelieb­ten Mac­beth zu zitie­ren. Die Fra­gen stell­te Peter Her­zer.

Du bist in Klin­gen­müns­ter gebo­ren, hast aber die ers­ten Kind­heits­jah­re in Diel­kir­chen bei Rocken­hau­sen ver­bracht. Was hat dich dort geprägt? Was sind dei­ne schöns­ten Erin­ne­run­gen?

In Diel­kir­chen war mein Vater Rudolf Sei­fer­ling Pfar­rer von 1948 bis 1953. Ich wur­de noch in Diel­kir­chen ein­ge­schult, kurz dar­auf nahm Papa eine neue Pfarr­stel­le in Winden/Südpfalz an, wo ich den rest­li­chen Teil mei­ner Kind­heit und Jugend ver­brach­te. Mei­ne Schwes­ter Mari­an­ne wur­de in Diel­kir­chen 1950 gebo­ren. Die Nord­pfäl­zer Ära war also eine rela­tiv kur­ze Zeit in mei­nem Leben, aber die Bil­der von Diel­kir­chen, vom alten Pfarr­haus, dem rie­si­gen Gar­ten, auch von Nach­barn und Freun­din­nen und Freun­den, von unse­rer Wald­wie­se und den Schäf­chen, sie haben mich geprägt und geis­tern auch durch eini­ge mei­ner Erzäh­lun­gen und Kri­mis.
In mei­nem ers­ten Erzähl­band („Mai­kä­fer­som­mer”) gibt es eini­ge Nord­pfäl­zer Epi­so­den in Anek­do­ten­form, und Anna, die Frau mei­nes Kom­mis­sars Fried­rich Gon­tard, ist eine Pfar­rers­toch­ter aus „Thal­kir­chen” (ein Pseud­onym für Diel­kir­chen). In mei­nem 2. Gon­tard­kri­mi „Das Licht unterm Schef­fel” kommt Thal­kir­chen ganz vehe­ment vor, gespeist aus mei­nen früh­kind­li­chen Erin­ne­run­gen an Diel­kir­chen, die nur posi­tiv sind. Im 10. Kapi­tel des Kri­mis wer­den das alte Diel­kir­che­ner Pfarr­haus („Annas Burg”), die schö­ne Nord­pfäl­zer Land­schaft und das Alsenz­tal sehr weh­mü­tig aus mei­ner eige­nen Erin­ne­rung her­aus beschrie­ben.
Mein Vater, des­sen Lust am Fabu­lie­ren mir in die Wie­ge gelegt wur­de, hat­te in der Süd­pfalz immer wie­der Heim­weh nach dem Dörf­chen im Don­ners­berg­kreis und schrieb ein gol­di­ges Gedicht in Mund­art („De Par­rer vun Diel­kersch un sei Schoof”). Ich habe heu­te noch schrift­li­chen Kon­takt mit einem der „3 Nach­bars­bu­ben” aus dem Bau­ern­hof Steu­er­wald.

In Wiki­pe­dia steht der Anfangs­satz: „Lilo Beil wuchs als Toch­ter eines Pfar­rers auf.“ Aber was ist mit der Mut­ter? Wel­che Erfah­run­gen ver­mit­tel­te sie dir?

Mei­ner Mut­ter Eli­sa­beth Sei­fer­ling geb. Knapp ver­dan­ke ich mei­ne west­pfäl­zi­schen Wur­zeln. Die Gast­wirts­toch­ter aus Stein­wen­den und mein Vater lern­ten sich 1944 ken­nen, wäh­rend mein Vater, der selbst nie Sol­dat war, sei­nen dor­ti­gen Amts­bru­der ver­trat.
Mei­ne Fami­lie müt­ter­li­cher­seits wohnt/e aus­schließ­lich in der West­pfalz, und mei­ne Schwes­ter und ich ver­brach­ten unse­re Feri­en bei Oma und Opa in Stein­wen­den, wenn nicht in Hei­del­berg bei der ande­ren Oma. Eini­ge mei­ner Geschich­ten und Kri­mis spie­len in der West­pfalz (z. B. „Die Rei­se des Engels”).
Mei­ner Mut­ter ver­dan­ke ich vie­le Infor­ma­tio­nen zum 3. Reich. Mama war Jahr­gang 1924 und erleb­te die­se Zeit als Kind und Jugend­li­che. In „Schattenzeit”-Geschichten (lei­der ver­grif­fen) gibt es vie­le Epi­so­den, die auf Mamas Berich­ten basie­ren, zum Bei­spiel die Erin­ne­run­gen an den „Kriegs­ge­fan­ge­nen” Hubert Lévê­que, der in der Gast­wirt­schaft und Metz­ge­rei ihrer Eltern in Stein­wen­den arbei­te­te und ein Freund war, kei­nes­wegs ein „Feind”. Die Freund­schaft besteht heu­te noch in der 2. Gene­ra­ti­on. Ich las aus die­sem Buch noch die­sen Febru­ar in einer Bens­hei­mer Schu­le zum Geschwis­ter-Scholl-Gedenk­tag vor Fünft­kläss­lern.

Die Male­rei ist eine Pas­si­on von dir. Sind dei­ne Bil­der schon mal aus­ge­stellt wor­den?

Ja, ich habe schon als Kind sehr viel gezeich­net und gemalt und bekam als Abitu­ri­en­tin den Otto-Dill-Preis in Kunst. Wäh­rend des Stu­di­ums (Anglistik/Romanistik) war ich völ­lig unkrea­tiv. Das änder­te sich, als mei­ne ers­te Toch­ter und danach die bei­den ande­ren Töch­ter gebo­ren wur­den. Sie inspi­rier­ten mich zum Bema­len von Span­schach­teln und zu Acryl­bil­dern mit Bil­der­buch­mo­ti­ven. Ich hat­te in den 80er und 90er Jah­ren etli­che Aus­stel­lun­gen in mei­ner Wahl­hei­mat (Bir­ken­au im Weschnitztal/Vorderer Oden­wald): meist in Ban­ken und Apo­the­ken. Damals schrieb ich nur spo­ra­disch klei­ne Tex­te (meist für die Schub­la­de). Ich habe mei­ne Male­rei nie „ver­mark­tet”. In den letz­ten Jah­ren mal­te und tex­te­te ich Kin­der­bü­cher und ließ sie dru­cken für mei­ne Enkel­kin­der „und ande­re klei­ne Strol­che”.

Lilo Beil (links) mit Eltern und Schwes­ter, Diel­kir­chen 1951.
Foto (Lilo Beil (pri­vat))

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Wochen­blatt-Arti­kel vom 28. August 2024

Wiki­pe­dia

Werke (kleine Auswahl)
  • Leben­de Schat­ten. Con­te Ver­lag, 2023
  • Letz­te Rosen. Con­te Ver­lag, 2021
  • Schor­le­blues. Well­hö­fer Ver­lag, 2021
  • Mäd­chen im roten Kleid. Con­te Ver­lag, 2019
  • Schat­ten­zeit Geschich­ten. Edi­ti­on Tin­ten­faß, 2005