
Die Landesbibliothek Speyer lud am 5. März drei regionale Autoren und Autorinnen zu Lesungen und Gesprächen ein. Manuel Zerwas, Manon Hopf und David Emling waren 2023 für den Pfalzpreis für Literatur (Nachwuchs) nominiert. Die Veranstaltung gründete auf einer Kooperation mit dem Lit. Verein, neben Ute Bahrs führten die 1. Vorsitzende Birgit Heid und Ulrich Bunjes (Sektionsleiter Speyer) durch den Abend.
Birgit Heid moderierte an und erläuterte allgemein die Tätigkeiten und Zielsetzungen des Lit. Vereins. Sie erwähnte den „Super Tuesday“, den großen US-Vorwahlen-Tag, was im späteren Verlauf wegen des deterministischen Charakters nochmals thematisiert wurde. Denn was zeichnet die hier vertretene Generation Y aus? Jedenfalls wurde eine gewisse Unbestimmtheit und offene Enden in den Texten deutlich, hie und da innere Zerrissenheit. Die Frage stand im Raum, welchen Weg soll man aufgrund der vielen angebotenen Lebensweg-Optionen einschlagen? Emling meinte, daran drohe man zu ersticken. Findet schleichend ein Rückzug ins Private statt, weil individuelle Entscheidungen spürbar zu wenig Relevanz auf die großen Strömungen aufweisen?
Ulrich Bunjes wies im Gespräch mit David Emling auf Parallelen mit seinem Protagonisten hin, in der Pressemitteilung sei fälschlicherweise „Daniel Emling“ angekündigt worden. Und nutzte es geschickt, um zu fragen: „Wieviel David steckt in Daniel drin?“ Emling erwiderte: „Einiges, aber vieles nicht. Es ist autofiktional.“ Bunjes beleuchtete den Titel „Daniels Hang“, der Hang als solches werde nirgendwo genannt. Der Titel vermittelt einerseits den Eindruck von Unsicherheit – droht Daniel wegen seines eher tristen Alltags abzurutschen? Andererseits fügt er dann doch ein Stück Lebensentwurf hinzu, seinen Hang zur Literatur und Philosophie. So wird im Text die junge Frau bewundert, die im Gegensatz zu Daniel scheinbar alle Probleme der Welt lösen kann. Aber Schreiben ist das Eigentliche, so seine Erkenntnis. In seinem Buch wird am Anfang Charles Bukowski zitiert, an dessen Grabstein steht „Don’t try“, was laut Linda King bedeuten mag: „Wenn Du schreibst, versuche es nicht, sondern lass es fließen“.
Ute Bahrs, Leiterin der Landesbibliothek Speyer, unterhielt sich mit der Lyrikerin Manon Hopf aus Mannheim. Diese las zuvor aus ihrem im Raniser Debüt erschienenen Buch „hand, legungen”, wobei sie Gedichte eng aneinander gereiht, ruhig fließend vortrug, sich einen passenden Kontext suchte: „ich lege / mich / aufs Ohr/ der boden tuschelt/ das licht geht / barfuß / durch die wand / ich stelle / mich / den tat / sachen geistern // ich / führe etwas / zu ende / es arbeitet / für mich / weiter / ich hänge / etwas / an /den nagel / damit es / leise weiter / werden kann.“ Hopf, auf der Suche nach neuen Sprachformen, wandte sich von der eigenen körperlichen Nähe den Tieren zu. Ihr neuestes unveröffentlichtes Werk lautet „Hier steht dein Mensch – Verwandlungen“. Sie zitierte Platon, der definierte: „Der Mensch ist ein zweibeiniges Tier ohne Federn.“ Diogenes soll ein Huhn gerupft haben und es ihm präsentiert haben. Wo ist die Grenze zwischen den Arten? Laut neuen Forschungen sind Säugetiere, Vögel bis hin zu den Insekten zu beachtlichen kognitiven Intelligenzleistungen und Gefühlen fähig. Dahingehend faszinieren Hopf Verwandlungen, wie sie in Ovids Metamorphosen zu finden sind. Hopf begeistert sich ebenso für die Teilchenphysik, da wirkt analog ihre Lyrik sehr klein, verdeckt, komprimiert, entschlackt, viel lichtes Weiß, mit Abgründen zwischen den Worten – was sie aufsprengen will. Ute Bahrs und die Gäste gewannen interessante Einblicke auf die Arbeits- und Denkweise der Autorin. Manon Hopf sucht noch einen Verleger für ihr Manuskript, Lyrik hat es sowieso schwer, alle kämpfen.
Manuel Zerwas sprach mit Birgit Heid über den Protagonisten Ben aus seinem Romanmanuskript „Die Zeit danach“, einen Kunstlehrer, der nach Afghanistan-Aufenthalt eine posttraumatische Belastungsstörung erlitt, innerlich zerrissen wirkt. Aktiv am Krieg teilgenommen hat Ben aber nicht. In einer Textpassage wühlen ihn die Vorträge seiner Schülerin auf, darunter „Der Krieg“ von Georg Heym. „Staub Blut Tod“ „Ihre Präsentation war exakt verstörend.“ Laut der Rezensentin Ulrike Dansauer verspürte Birgit Heid beim Lesen körperliche Reaktionen.
Heid stellte eine Polarität fest: „Wie hat es sich ergeben? Es gibt amüsante Momente, dann wieder diese Schwere. Er bringt Mut auf, Krankheit bricht unter der Haut hervor.“ „Was ist eigentlich die Rolle von Matthias. Hat das Zusammenrauchen eine metaphorische Bedeutung?“ Jedenfalls wollte Zerwas Anker, Ruhepunkte setzen, da Ben unter nahezu chronischer Überforderung leidet. Er selbst raucht nicht. Birgit Heid hinterfragt, ob die Schule nicht zu rücksichtsvoll sei, ist es realistisch?
Birgit Heid lobte die Bildersprache und seine Empathie, so in einer Szene die Blicke der Menschen in dramaturgischer Nähe, mit großer Tiefe. Wollte Zerwas selbst Kunstlehrer werden? – Dazu fehle ihm das Talent, seine Bilder wären mit denen seiner Tochter vergleichbar. Heid zeigte sich neugierig, was ihn inspiriert hat. Was Zerwas als abgegriffene Frage erschien. Er zitierte Roger Willemsen: „Manche überleben ihren eigenen Tod und kommen doch nicht darüber weg.“ Willemsen selbst war in Afghanistan, was sich in seinem Werk und Leben niederschlug. Heid merkte an, der ganze Roman sei offen, gibt es keine Fortsetzung? Zerwas verneinte, es sei am Ende der richtige Weg von Ben angedeutet. Auch Zerwas ist auf der Suche nach einem Verleger.
Ute Bahrs warb für die Wanderausstellung „Aus dem Schatten ins Licht“ – „Starke Frauen aus 1000 Jahren Pfälzer Geschichte“, die am 6. März startete, am 8. März folgte der Int. Frauentag.