Edith Brünn­ler in der Pfalz­bi­blio­thek, Ende Nov. 2024


Die Pfalz­bi­blio­thek lud am Sams­tag vor dem ers­ten Advent wie­der zum Weih­nachts-Bücher­ba­sar ein. Schnäpp­chen­jä­ger und Rari­tä­ten­samm­ler kamen auf ihre Kos­ten. Viel­leicht fand sich eine schö­ne Aus­ga­be von Paul Münch oder Hein­rich Kraus, auch Bild­bän­de und dicke Schmö­ker lagen reich­lich aus. Für das leib­li­che Wohl wur­den Punsch, Kaf­fee und Kuchen prä­sen­tiert. Das Kamin­feu­er brann­te, ganz hip, auf einem gro­ßen Moni­tor. 

Um 11 Uhr war Lese­zeit. Edith Brünn­ler aus Lud­wigs­ha­fen brach­te in ihrer Tasche Advents­ge­schich­ten mit, Hoch­deutsch wie Mund­art, auch wur­de mun­ter gerappt. Die ehe­ma­li­ge IT-Fach­kraft ist da umtrie­bi­ge Meis­te­rin ihres Metiers, viel­fa­che Gewin­ne­rin von lite­ra­ri­schen Wett­be­wer­ben und durch eine hohe Zahl an Lesun­gen und Poet­ry-Slam-Events vor allem im Rhein-Neckar-Raum bekannt.

In ihren Geschich­ten aus dem All­tag mit all sei­nen skur­ril-irr­wit­zi­gen Momen­ten wird ein roter Faden deut­lich. Der Autorin geht es um das Bewah­ren von Tra­di­ti­on, des Hei­mat­ge­fühls, und ja, sie stemmt sich beharr­lich gegen die über­la­de­ne Het­ze in der Vor­weih­nachts­zeit, da wird ihrer Prot­ago­nis­ten im Ein­kaufs­rum­mel auf der Flucht vor Men­schen, die sich irgend­wie nur noch mit social media selbst beleuch­ten, in einem alten Café ein „Cof­fee-to-go” ange­bo­ten, ihr wäre aber der hand­ge­mach­te „Cof­fee-to-stay” lie­ber, wür­de glatt­weg den dop­pel­ten Preis zah­len für eine Ver­lang­sa­mung der Zeit – plus, das darf als Poin­te nicht feh­len, die Schwarz­wäl­der Kirsch­tor­te.
Brünn­ler the­ma­ti­siert die Ver­ein­sa­mung und Ver­ständ­nis­schwie­rig­kei­ten von Bür­gern gegen­über Aus­wüch­sen der Moder­ne, eine mehr unter­schwel­li­ge Sozi­al­kri­tik, gewürzt mit viel Iro­nie. Man kann aber auch alles mit Humor neh­men.

In ihrer Geschich­te „Eine Hand­voll Neu­schnee” herrscht kurz vor Weih­nach­ten nebel­grau bei Plus­gra­den – typisch Kli­ma­wan­del. Julia berei­tet den Christ­baum vor. Ihr Mann Alex­an­der ist auf Geschäfts­rei­se in Toron­to, wo es schnee­reich wie im Bil­der­buch zugeht. Mit den direk­ten Nach­barn ver­steht sie sich nicht mehr so gut, denn die­se miss­trau­en Juli­as ech­ten Ker­zen am Baum, alles kön­ne ja in Flam­men auf­ge­hen. Steht schon der Was­ser­ei­mer bereit? Das Pro­jekt ihres Man­nes ver­zö­gert sich, die­ser hofft, doch noch recht­zei­tig zum Fest zurück­zu­keh­ren. Über­ra­schend erhält Julia ein Päck­chen mit einem Glas Neu­schnee aus Toron­to – ein tol­ler Lie­bes­be­weis. Aller­dings hat der Schnee nicht über­lebt – das ist ihr piep­egal. 


Zum Schluss ein melo­di­scher Päl­zer Weih­nachts­gruß, die obli­ga­to­ri­sche Fla­sche Ries­ling (in Maßen genos­sen) soll­te man nicht mis­sen…
Edith Brünn­ler gelang wäh­rend der gut 40 Minu­ten eine stim­mi­ge Balan­ce zwi­schen Hei­ter­keit und Besinn­lich­keit, auch die schö­nen Über­lei­tun­gen zwi­schen den Tex­ten waren gekonnt vor­ge­tra­gen – eine Lesung wie aus einem Guss – was man am posi­ti­ven Feed­back der Gäs­te raus­hö­ren konn­te.

Edith Brünn­ler ist Mit­glied der Lite­ra­tur­of­fen­si­ve Hei­del­berg und des Lite­ra­ri­schen Ver­eins der Pfalz.


Quel­le: https://www.wochenblatt-reporter.de/kaiserslautern/c‑ausgehen-geniessen/edith-bruennler-bringt-eine-handvoll-neuschnee-mit_a609758