
Veranstaltung am 5.4.2025 im ehemaligen Landeszentralbankgebäude Kaiserslautern, Fischerstraße.
Pünktlich zur Leipziger Buchmesse erschien die neue reich bebilderte Ausgabe des Magazins für Literatur und Kultur der Pfalz und den angrenzenden Regionen.
Der Bezirkstagsvorsitzende Hans-Ulrich Ihlenfeld verwies auf die Verzögerungen beim Umzug der Pfalzbibliothek, denn die Fördergelder kamen/kommen sukzessive, Stichwort ADD. Veranstaltungen im ehemaligen LZB-Gebäude in Kaiserslautern gibt es erst kürzlich. Im Keller sollen Gemälde der Pfalzgalerie gelagert werden. Regina Reiser übernahm die Anmoderation.
Das collagierte Titelbild des Jagdhausweihers nahe Kaiserslautern von Reiner Voß verdeutlicht die Folgen des Klimawandels. Der Fotograf und Biologe zeigte seine prämierte dystopisch wirkende Doku im Rahmen der Präsentation. Zu sehen waren chronologisch seit 2017 allmählich austrocknende Landschaften, Bäume werfen schon im Sommer ihre Blätter ab, ein trostloses Fahrrad vor dem Kalkofen grau in grau. Die immer höher werdenden Temperaturen in den Innenstädten macht den Menschen zu schaffen. 2023 mit dem Nässerekord schuf eine Verschnaufpause.
Part 2, die Literatur, kam gefühlt zu kurz. Lediglich Andreas Dury aus dem Saarland trug seine Kurzprosa „Fettopfer“ vor. Dabei geht es um die Kunst des Frittierens und wie man das alte Fett entsorgt, doch nicht etwa im Garten vergraben? In seiner Fantasie stellt er sich endemische Biotope vor, es könnten durch einen „Eingriff in die Erdchemie Stoffe entstehen, nach denen die Menschheit seit Jahrtausenden sucht. Ein Lithium-Isotop zum Beispiel, das die Nacht zum Tag werden lässt. Oder ein Stoff, der alle meine Feinde tötet.“ Mich persönlich hätte es gefreut, wenn die anwesende Eva-Paula Pick analog ihres Beitrags als Clownin aufgetreten wäre.
Ralf Asmus vom Nünnerich-Asmus-Verlag aus Oppenheim sprach von den Mühen um die zeitgerechte Gestaltung, vom gewollt haptischen, unvergänglichen Eindruck eines Buches, auch in Hinblick auf die Abonnentenzahlen, die durchaus höher sein können. Es sei allgemein schwierig, jüngere Semester zu gewinnen.
Im Interview mit den Vertretern der Landesforsten musste Morphy Burkhart von der Buchhandlung Blaue Blume ab und zu nachhaken. Beide sahen den Klimawandel mit Sorge, man muss Baumsorten nachpflanzen, die resilienter gegen Trockenheit und Schädlinge sind. Ein Lieblingsthema von Wolfgang Schmitt sind Eichen und Wildschweine, Schutzzonen müssen eingerichtet erweitert werden, siehe die Waldwegedichte in Verhältnis zur Bevölkerung. Und Voß hatte etwas gegen die Versiegelung der Innenstadt. Offenbar wäre ihm eine Freilegung der Lauter, Beete und viele schattenspendende Bäume lieber. Man denke da an die Aktivistin Ina Bartenschlager mit ihrem Projekt für eine Begrünung der Stadtviertel.
Im Buch finden sich relativ viele Autorinnen und Autoren vom Lit. Verein. Der Ehrenvorsitzende Wolfgang Diehl beschäftigt sich mit dem pfälzischen Lebensgefühl, wo denn die Idylle noch zu verorten sei, z. B. In höchst geselligen Festen, die wunderbar in Wein und Landschaft gebettet sind, wo auch immer ein Platz für den Fremden ist.
Die Lyrikerin Bettine Wagner-Friedewald aus Kaiserslautern ist mit zwei Gedichten vertreten, die teils Hoffnung in schweren Zeiten vermitteln: glaub nur nicht / das paradies ist verloren / meine herzaugen können es sehen / und lassen mich staunen. Konträr gegenübergestellt in „trügerische idylle“ mahnt sie an die an Stränden tot angeschwemmten Migranten.
Johann Seidl beschäftigt sich in „Künstliches Schlaraffenland zwischen Not und Neuzeit“ mit Kunsthonig, Margarine und anderen industriell gefertigten Ersatzprodukten. Dazu zeigt er uns eine digitale Collage, mit Hilfe einer KI generiert.
Lilo Beil, bekannte Krimiautorin, verdichtet in ihren Texten schwere Themen aus der Nazizeit. Entrechtung, Pogrome, Flucht, Kindertransporte. Sehr ernst ist ihr Gedicht „Kinderzeichnungen aus Theresienstadt“: // Viel Stacheldraht / ein Wachturm / Männer mit Gewehren / ein Schild mit Totenkopf / eine kleine Blume / ein Mädchen mit Judenstern / Punkt, Punkt, Komma Strich //
Gerd Forster ist im März 90 Jahre alt geworden. Eine Würdigung schrieb der Buchhändler Morphy Burkhart. Die Rheinpfalz bedachte ihn nicht. Der Autor ist mit der skurrilen Geschichte „Der Doppelgänger“ vertreten und dem Gedicht „Zum Meer“. Man verspürt die Melancholie im Angesicht des letzten Lebensabschnitts: … „ließ sich an die Ostsee fahren / Vielleicht auch / um Ewigkeit rauschen zu hören / vor allem am Abend wenn die Sonne / im Meer erlosch.// Nicht vergessen sollte man seine Frau Ursula, eine patente Autorin.
Im „Totengarten“ von Monika Böss spukt es heftig. Die Geister wandeln seit Ewigkeiten durch den Friedhof, unterhalten sich lebhaft, doch die Zivilisation rückt bedrohlich immer näher, umklammert sie. Eine Friedhofsführung zu nächtlicher Stunde stört beträchtlich. Böss schrieb hierzu passend den Roman Geistergeflüster – oder Die Nachtseite des hohen Donnersberges, erschienen 2022.
Der Lyriker Helmund Wiese beleuchtet „im gedicht“, was in den Versen drinstecken mag. „in feinheiten verästelungen / und auffächern in facetten … es ist musik / es ist der Zustand / von dem man spricht. Wieses Stil ist grenzwertig hermetisch, er lotet experimentell das Innere wie das Äußere aus, springt zwischen Gedankenebenen. 2024 brachte der LVP seinen Lyrikband „ein wirbel um nichts“ als Jahresgabe im Lothar Seidler Verlag heraus.
Die musikalische Umrahmung gestaltete Martin Preiser auf dem Keyboard, zu hören waren gefällige Jazzpassagen, so auch der Folksong Blackbird von Paul McCartney. Für ein komplexes Stück nutzte er ein Metronom.
Herausgeber ist der Bezirksverband Pfalz. Darum sind auch in der Redaktion Ruth Ratter und Regina Reiser vertreten. Sarah Angelmahr, Morphy Burkhart und Manuel Theophil komplettieren das Team.
Info: PalatinArt. Magazin für Literatur und Kultur 03/2025, 128 Seiten mit 66 Abbildungen, 10 €, überall im Buchhandel erhältlich.